3 Fragen an … German Edge Cloud

»IT- und OT-Verantwortliche sollten auf Standardisierung setzen«

17. September 2021, 7:30 Uhr | Andrea Gillhuber
Dr. Sebastian Ritz, German Edge Cloud
© German Edge Cloud

Wie lässt sich die Effizienz in der gesamten Anlage mittels Edge- und Cloud-Computing steigern? Welche Datenstrategie sollte verfolgt werden? Dr. Sebastian Ritz von German Edge Cloud erläutert, warum die Lösung von der Anwendung ausgehend gedacht werden sollte.

Dr. Sebastian Ritz ist CEO Edge & Cloud beim Unternehmen German Edge Cloud. Als Gründungsmitglied von Gaia-X treibt er den Ausbau einer souveränen europäischen Dateninfrastruktur voran und ist einer der ‚Köpfe‘ hinter der Oncite, dem ersten schlüsselfertigen Edge-Cloud-Rechenzentrum für nahezu echtzeitfähige und datensouveräne Industrie 4.0-Anwendungsszenarien.

Durch das Industrial Internet of Things fallen immer mehr Daten an, die es zu bewältigen gilt. Es gilt, dieser Datenkomplexität Herr zu werden. Welche Rolle spielt dabei Edge Computing?

Dr. Ritz: Die Kernfragen für viele Unternehmen lauten: Mit welcher Strategie mache ich die Datenflut am schnellsten nutzbar und profitiere von einem wachsenden Digitalisierungsgrad? Wie behalte ich bei der nötigen Vernetzung über Clouds die souveräne Kontrolle über meine Daten und schütze damit mein Know-how? Edge Computing ist der Schlüssel. Unsere Empfehlung: Denken Sie die Lösung von den Anwendungsfällen her. Danach richten sich die Edge-Lösungen mit datensouveräner Cloud-Anbindung als sinnvolle Ergänzung. Gerade für die fertigende Industrie sind Edge-Cloud-Anwendungen ein wirkungsvolles Mittel, um effizient Digitalisierungs-Vorteile zu erzielen – zum Start am besten mit überschaubaren Use-Cases, um schnell eigene Erfahrungen zu sammeln. Daraus ergeben sich die nächsten Schritte.

Für die Fertigungsindustrie lässt sich der Weg von der IIoT-Anbindung als Grundlage bis zur Smart Factory als Ziel am wirkungsvollsten in drei Digitalisierungs-Strategien angehen:

1) Die durchgängige Vernetzung aller Ebenen vom Shopfloor über MES bis zum ERP bildet die Basis, z.B. um Massendaten zur Steigerung der Gesamtanlagen-Effektivität nutzbar zu machen.

2) Die Vernetzung über die Unternehmensgrenzen hinweg ermöglicht Anwendungen wie Track&Trace und kann den Weg zu zukünftigen digitalen Lieferketten im Kontext von Plattformen wie Catena-X ebnen.

3) Mit fortschreitender Digitalisierung der Produktion werden dann die heute weit verbreiteten starren Linienkonzepte nach und nach durch flexible Fertigungssysteme abgelöst, die sich selbst konfigurieren und rekonfigurieren. Grundsätzlich gilt dabei: Wählen Sie eine Architektur, welche die Etablierung kurzer Regelschleifen zur Optimierung der Produktion auf Basis von Massendaten (IIoT) ermöglicht. Hierfür ist das Edge Computing geradezu prädestiniert.

An der Edge werden Sensordaten vorausgewählt, Softwareapplikationen abgearbeitet oder gar KI-Berechnung durchgeführt. Was sollten Anwender in Bezug auf die Edge-Software-Landschaft beherzigen? Welche Technologien sollen/müssen unbedingt berücksichtigt?

Dr. Ritz: Am effizientesten realisieren lässt sich die Architektur mit einer modular aufgebauten, industriellen Edge-Cloud-Appliance, d.h. Hardware plus Software direkt vor Ort mit sicherer Cloud-Anbindung. Auf der möglichst offenen Plattform können bestehende Applikationen (SaaS) betrieben und mit neuen Anwendungen kombiniert werden. Dank standardisierter Module und Managed Services kann sich der Betreiber auf sein Kerngeschäft konzentrieren und erzielt schnellen Nutzen durch einem steigenden Digitalisierungsgrad.

Die Anwendungen profitieren beim Edge-Ansatz von niedrigen Latenzzeiten und einer skalierbaren Rechenleistung direkt vor Ort sowie reduzierter Bandbreite/Netzwerkbelastung und Cloud-Kosten.

Ein Beispiel: Die Oncite Industrial ist eine cloud-native, hochskalierbare Technologie- und Infrastrukturplattform. Sie lässt sich sowohl auf der Edge als auch auf der Cloud einsetzen und erlaubt die flexible Einbindung anderer Cloud-Plattformen (distributed Cloud Management) für Hybrid und Multi-Cloud-Szenarien. Unterbau ist eine plattformunabhängige Kubernetes-basierte Architektur (IaaS), zzgl. Plattformdiensten (PaaS) und einen Operation-Center. In Verbindung mit den skalierbaren industriellen Anwendungen wie MES/ MOM / Analytics (SaaS) liefert die Oncite Industrial skalierbares Edge-Computing.

Die Lösungen sollten neben ihrer Digitalisierungs-Aufgabe eine essenzielle Anforderung sicherstellen: Datensouveränität zum Schutz des Know-hows. Die Unternehmen wollen selbst entscheiden, wer zu welchem Zweck wie lange Zugriff auf welche Daten erhält und über welche Plattformen und Public Clouds sie sich mit ihren Partnern vernetzen. Dies ist für die Industrie ein entscheidender Faktor für den Aufbau einer souveränen Dateninfrastruktur in Europa, die wir mit GEC auch als Mitbegründer von Gaia-X und Mitglied von Catena-X weiter vorantreiben. Das Ziel ist ein europäisches Ökosystem für datengetriebene Geschäftsmodelle, das die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in Europa fördert.

Mit den Aufgaben wachsen die Anforderungen an die Hardware. Auf was sollten Anwender bei der Auswahl der passenden Edge-Computing-Hardware achten?

Dr. Ritz: IT- und OT-Verantwortliche sollten auf Standardisierung setzen. Hocheffiziente OT-Infrastrukturen werden aus guten Gründen zunehmend durch plattformbasierte Lösungen mit vordefinierten Elementen realisiert. Die Vorteile sind:

  • Weniger Komplexität durch die vordefinierte Auswahl skalierbarer Konfigurationen von Rack, Power, Cooling und Monitoring-Struktur.
  • Höhere Energieeffizienz und CO2-Reduktion durch optimierte Performance dank baugruppenübergreifender Abstimmung, beispielsweise bei Cooling und Monitoring
  • Bewährte, belastbare Industrie-Technologien mit klar definierter Leistung und Verfügbarkeit
  • Schnelle und verlässliche Implementierung

Mit einem standardisierten Ansatz lassen sich die Anwendungen der Edge DCs also auch seitens OT schnell und flexibel einsetzen, von Kleinstlösungen wie Micro DCs über unsere Oncite als Komplettlösung bis hin zu Großrechenzentren für Edge-Anwendungen mit besonders hoher Rechenleistung. Unerlässlich ist höchste Ausfallsicherheit, insbesondere durch Redundanzen aller aktiven Gewerke wie Energieversorgung und Klimatisierung. Edge DCs stehen zudem häufig in rauen Industrieumgebungen. Sie müssen besonders gut gegen physischen Zugriff und Belastungen wie Staub, Rauch, Feuer, Wasser oder Temperaturschwankungen geschützt werden. Mit unserem Schwesterunternehmen Rittal haben wir einen Partner mit viel Industrie- und OT-Erfahrung für diese Art modularer Infrastruktur in allen erforderlichen Skalierungen.

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Dr. Sebastian Ritz und German Edge Cloud im Kurzporträt

Dr. Sebastian Ritz, German Edge Cloud
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German Edge Cloud (Symbolbild)
© Pixabay / CC0

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