Schnell und flexibel auf Situationen reagieren, ist besonders im beruflichen Umfeld wichtig. Doch wie wird die Kommunikation agil?
Agil ist im Business in aller Munde – gewandt, flink, flexibel agieren! Nicht zu langfristig und detailliert planen und von der Realität überholt werden, sondern im wechselnden Kontext situativ passgenau handeln! Wäre es nicht genial, wenn wir auch in der Kommunikation agil sein könnten? Situativ und immer im richtigen Ton mit wechselnden Kommunikationspartnern?
In uns steckt viel mehr Potenzial für agile Kommunikation als uns oft bewusst ist. Was brauche ich und was hilft mir, diese Ressourcen zu nutzen, um in wechselnden Situationen mit unterschiedlichsten Menschen einen guten Kontakt aufzubauen?
Wenn wir einen guten Dialog starten wollen, ist unser erster Reflex gerne, „Kommuniziere so, wie Du auch selbst gerne angesprochen werden möchtest“ - auch als „Goldene Regel“ bekannt. Sie ist wertschätzend, klingt einfach und springt doch zu kurz. Uns Menschen kennzeichnen hohe Diversität und unterschiedlichste Bedürfnisse aus und unsere Kommunikation zeigt diese Unterschiede unserer Persönlichkeit. Der Schlüssel ist es, die Signale wahrzunehmen, zu verstehen und zu nutzen. Wer den anderen gut erreichen will, sollte die Platinregel anwenden: »Kommuniziere so, wie dein Gegenüber angesprochen werden möchte.«
Es geht nicht um anbiedern oder ‚nach dem Mund reden‘ – es geht um das ‚Wie‘ der Kommunikation.
Kennen Sie das? »Ich kann sagen, was ich will, die Stimmung kippt. Die Chemie zwischen uns stimmt einfach nicht!«, »In diesen Gesprächen fühle ich mich wohl.«, »Der Kunde war gleich auf 180! Da gab ein Wort das andere.«, »Das lief einfach – der Draht war da.« oder »Der Inhalt ist ja ok, aber das geht bestimmt auch kürzer.«
Ob ein Austausch gelingt oder scheitert, hängt meist nicht vom Inhalt ab, dem WAS, meist geht es um den Kontakt zum Gegenüber – dem WIE der Kommunikation. Und hier kommt unsere Persönlichkeit ins Spiel, eigene Stärken, Kommunikationspräferenzen, Stressmuster und Bedürfnisse. Wir zeigen all dies in unserer Kommunikation - in jeder Sekunde.
Eine Persönlichkeit die vorzugsweise ‚aus dem Kopf‘ agiert, drückt das auch in den verwendeten Formulierungen aus. Begriffe des Denkens und der Meinung sind häufiger vertreten, Fakten werden mitgeteilt und erfragt. ‚Gefühls-Menschen‘ nutzen eine deutlich gefühlsbetontere Wortwahl, erspüren viel, kümmern sich. Wer auf sein Bauchgefühl vertraut, zeigt dies durch eine deutlich emotionalere Wortwahl, bringt Leichtigkeit in Gespräche und trägt die eigene Stimmung im Gesicht. Wenn Inaktivität ein ‚No-Go‘ ist, dann werden mindestens innerlich die Ärmel hochkrempelt und die ‚Los geht’s‘-Haltung wird auch in Worte gefasst.
Es tut uns gut, wenn wir immer wieder in der ‚Sprache‘ angesprochen werden, die wir selbst bevorzugt verwenden, das fördert auch unsere Motivation, unser Engagement und vermindert Stressreaktionen. Und dabei spielen Wortwahl, Tonfall, Mimik, Gestik und Körperhaltung eine wichtige Rolle. Werden wir konstant in einer anderen ‚Sprache‘ angesprochen, zieht das Energie und löst psychischen Stress (Distress) aus. Dies ist erkennbar an leichten Änderungen in Sprach- und Verhaltensmustern, und – wenn es weiter geht – an typspezifischen Stressmustern.
Der amerikanische Psychologe und Transaktionsanalytiker Dr. Taibi Kahler hat seit den 1970er Jahren u.a. zusammen mit der NASA erforscht, wie sich individuelle Unterschiede in der Art zu kommunizieren zeigen; er hat dabei nicht nur die inneren Antreiber (‚sei stark‘, ‚sei perfekt‘, ‚mach es recht‘, ‚streng dich an‘, …) entdeckt und beschrieben, sondern auch die Zusammenhänge von Persönlichkeitsarchitektur, psychischen Bedürfnissen und der Vorhersagbarkeit von Stressverhalten – das Process Communication Model. Diese Erkenntnisse hat die NASA u.a. genutzt, um ihre Teams für die bemannte Raumfahrt zusammenzustellen.
Wer agil kommuniziert, achtet also auch auf das ‚Wie‘, die Art, wie Inhalte kommuniziert werden. Wenn wir die verbalen und nonverbalen Signale verstehen und unser Kommunikationspotenzial nutzen, können wir in unserer Kommunikation situativ und agil immer wieder auf die bevorzugte Sprache und Motivation unseres Gegenübers eingehen und damit eine stressfreie kollaborative Atmosphäre schaffen.
Die Platin-Regel ist nicht nur das ‚neue Gold‘, P-L-A-T-I-N enthält auch die 6 Schlüssel agiler Kommunikation (Quelle: P-L-A-T-I-N der agilen Kommunikation, key!4c, 2021):
Dr. Uta Nachbaur, PCC, CPCC, CPQC, ist von der International Coaching Federation als Professional Certified Coach zertifiziert und als Chapter Host für den ICF in Stuttgart gestaltend tätig. Als Coach und Trainerin arbeitet sie international branchenübergreifend mit Führungskräften und Managern zu Kommunikation, Führung, Auftritt und mentaler Fitness. Sie ist Partner bei key!4c und als Coach zertifiziert für Co-active und Positive Intelligence und als Trainerin und Coach für das Process Communication Model.