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Cloud und Edge Computing im Fokus

8. Oktober 2020, 10:41 Uhr | Meinrad Happacher
© Bigstock

Die Eclipse Foundation, derzeit größte Open-Source-Organisation in Europa, will die globale Zusammenarbeit der Industrie bei Open-Source-Projekten in strategischen Technologien fördern. Mike Milinkovich, Exekutivdirektor der Eclipse Foundation, erläutert die Pläne im Interview

Herr Milinkovich, warum  ist Open-Source- Software so bedeutend – insbesondere für europäische Unternehmen?  

Mike Milinkovich: Open-Source-Software ist gerade jetzt von Bedeutung, weil sie die Basis ist, auf der die moderne Welt läuft. Wenn man sich in der heutigen Welt umschaut und die Tools und Anwendungen betrachtet, auf die Unternehmen und Gesellschaften täglich angewiesen sind – unter anderem die Produkte und Dienstleistungen von Google über Amazon bis Apple und eine Vielzahl anderer Innovationen, welche die Gesellschaft geprägt haben –, so ist es wichtig zu verstehen, dass nichts davon ohne Open-Source-Software möglich wäre. Letztere ist nicht nur die Basis, auf der die heutige Welt läuft. Auch die absehbare Zukunft wird auf ihr aufbauen. Die Geschwindigkeit, mit der Innovationen geschaffen werden, sowie der Grad der Zusammenarbeit, die das Open-Source-Modell ermöglicht, sind schlichtweg nicht zu übertreffen.

Klar ist auch, dass viele europäische Unternehmen diesen Nutzen weitestgehend verpasst haben und jetzt die Kon­sequenzen dieser Entscheidung erkennen. Um die neuen Plattformen zu schaffen, die für den künftigen Wohlstand ­notwendig sind, müssen sowohl Regierungen als auch Unternehmen Software stärker in den eigenen Fokus rücken. Sie müssen den Prozess von Innovation und Beteiligung mittels Open-Source-Modell beherrschen.

Wie hat sich die Akzeptanz der Eclipse Foundation und des Themas Open Source seit der Gründung der Stiftung im Jahr 2004 entwickelt?

Milinkovich: Im Jahr 2004 war Open-Source-Software im Unternehmensbereich noch eine relativ neue Idee und nicht sehr weit verbreitet. Die Vielfalt der Möglichkeiten rund um Open Source ist inzwischen exponentiell gestiegen und hat mehrere Wellen der Innovation und Veränderung durchlaufen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es tatsächlich keine wesentlichen Technologieunternehmen, die Open-Source-Software nicht aufgegriffen haben. Microsoft hat als letztes Unternehmen nachgezogen. Jetzt gehen alle ‚all in‘ für diesen Ansatz.
Für mich ist die Eclipse Foundation Teil des Beginns der dritten Open-Source-Welle. Die erste Welle hat sich auf Business-Software-Anwendungen wie Java und Linux konzentriert. Die zweite Welle hat sich er­eignet, als sich große Techno­logie-Systemanbieter in bestimmten Märkten den Open-Source-Organisationen angeschlossen haben. Bosch, eines unserer strategischen Mitglieder, ist ein gutes Beispiel dafür. In der dritten Welle, die jetzt erst beginnt, beobachten wir, wie Unternehmen und Industriebetriebe, die traditionell Abnehmer von Techno­logie waren, das Open-Source-Modell annehmen. Tatsächlich wird jede Organisation, die über Digitalisierung spricht – ob sie es nun schon weiß oder nicht – die Kunst von Open Source beherrschen ­müssen. 

Die Eclipse Foundation hat sich auf die Fahnen geschrieben, vor allem strategische Technologien zu fördern. Was unternimmt sie speziell bei den Cloud-Technologien?

Milinkovich: Was das Thema ‚Cloud‘ betrifft, so konzentriert sich ein Großteil unserer Community auf Open-Source-Entwickler-Tools für Cloud-basierte Anwendungen und Cloud-basierte Infrastrukturen. Eclipse Che und Eclipse Theia sind beide gute Beispiele für Open-Source-Entwickler-Tools, die sowohl in als auch für die Cloud laufen.

… und beim Thema Edge und Fog Computing?

Milinkovich: Edge und Fog Computing sind größtenteils ein und dieselbe Sache. Dies ist einer der spannendsten Entwicklungsbereiche für die Eclipse Foundation. Wir sind derzeit die führende Open-Source-Organisation für die Entwicklung neuer Technologien auf diesem Gebiet. Das wahrscheinlich beste Beispiel hierfür ist unsere Edge Native Working Group, der Mitglieder wie Siemens, Bosch, Intel, Huawei, Eurotech, Adlink und viele andere angehören. Die Projekte ‚Eclipse ioFog‘ und ‚Eclipse fog05‘ dieser Working Group gewinnen derzeit auf dem Markt erheblich an Zugkraft.

… dann bleibt noch die Künstliche Intelligenz?

Milinkovich: ‚Eclipse Deep Learning‘ für Java oder DL4J ist eine Plattform für maschinelles Lernen, die auf der ‚Java Virtual Machine‘ läuft. Sie wurde millionenfach herunter­geladen und wird weltweit von großen Unternehmen in den Bereichen Finanzen, Verbrauchertechnologie, für kommunale Anwendungen und vieles mehr eingesetzt. Wir untersuchen auch genau, wie Projekte wie DL4J mit Edge-Computing-Projekten wie ioFog verbunden werden können.

Das Eclipse Integrated Development Environment – kurz IDE – ist die wesentliche Entwicklungsumgebung für mehr als sechs Millionen aktive User. Jetzt sind Sie dabei, die nächste Generation nativer Cloud-Entwicklungs-Tools zu erstellen. Wie soll diese Generation aussehen?

Milinkovich: Die beiden bereits erwähnten Cloud-basierten Projekte zur Entwicklung von Anwendungen – Eclipse Che und Eclipse Theia – versprechen in gewisser Weise als Ersatz für das Eclipse Desktop-IDE zu dienen. Theia ist eine neuartige, ­moderne, in Maschinenschrift geschrie­bene IDE-Plattform und basiert auf einer völlig neuen, vom Eclipse-IDE ­unabhängigen Code-Basis. Sie kann in einem Browser oder auf dem Desktop ­laufen, genau wie VS-Code. Verwendet wird das VS-Erweiterungsmodell, wobei Theia aber als erweiterbare IDE-Plattform gebaut ist, anstatt nur als Editor zu dienen. Diese Tools werden sehr gut angenommen und derzeit von ARM, Arduino, Ericsson, Google und vielen anderen verwendet.

Bis wann werden Sie diesbezüglich in der Lage sein, Ergebnisse vorzulegen?

Milinkovich: Wir erleben dies gerade jetzt. Sowohl Theia als auch Che sind allgemein verfügbar und lassen sich als Plattform für die Entwicklung von Produkten und als End User einsetzen. Che dient als Grundlage für die CodeReady Workspaces von Red Hat. Für Eclipse Theia, das das Front-End für Che darstellt, wurde gerade das Release der Version 1.0 bekannt gegeben. Theia ist für jeden Anbieter verfügbar, um ein neues Produkt zu entwickeln.

 

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