Nach dem Motto 'Von der Natur lernen', suchen die Ingenieure von Festo immer wieder nach neuen Impulsen für die Fabrik- und Prozessautomation. Als Inspiration für künftige Robotik-Konzepte im Fokus: der menschliche Arm, die Tentakel des Oktopus und der Elefantenrüssel.
Die Automatisierungstechnik übernimmt im Fabrikalltag typische Aufgaben wie das Greifen, Bewegen und Positionieren von Gütern sowie das Steuern und Regeln von Prozessen. All diese Aufgaben löst die Natur ganz selbstverständlich, einfach und energieeffizient. Was liegt da näher, als sich ihre Phänomene anzuschauen und von ihnen zu lernen? Festo hat deshalb bereits im Jahr 2006 mit dem Bionic Learning Network einen Forschungsverbund mit Hochschulen und Instituten, Entwicklungsfirmen sowie privaten Erfindern ins Leben gerufen. Ziel ist es, mit Hilfe der Bionik neue Technologie-Ansätze zu identifizieren und auf die industrielle Automation zu adaptieren.
Anhand dreier aktueller Projekte stellte Festo nun unlängst vor, wie aus Sicht der Esslinger eine ungefährliche und direkte Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in Zukunft aussehen könnte:
Eines der Projekte ist der Bionic-Cobot. Dabei handelt es sich um einen pneumatischen Leichtbauroboter mit menschlicher Bewegungsdynamik. Aufgrund seiner natürlichen Bewegungsmuster und der eingesetzten nachgiebigen Pneumatik sei dieses Konzept geradezu prädestiniert für eine gefahrlose Mensch-Roboter-Kollaboration und zudem vom Konzept her eine preisgünstige Alternative zu klassischen, das heißt auf der Basis von elektrischen Antrieben basierenden Roboterkonzepten.
Die Bewegung des BionicCobot ist dem menschlichen Arm nachempfunden – von der Schulter über Oberarm, Ellbogen, Elle und Speiche bis zur Hand. Er macht sich dabei den natürlichen Wirkmechanismus von Bizeps- und Trizepsmuskel zunutze, also das effiziente Zusammenspiel von Beuger und Strecker. Ob kräftig zupacken oder vorsichtig aufheben, fest zudrücken oder sanft antippen – damit wir Menschen eine Bewegung ausführen können, ist immer das Zusammenspiel gegensätzlich wirkender Muskeln notwendig. Dieses Prinzip von Agonist (Spieler) und Antagonist (Gegenspieler) haben die Entwickler beim BionicCobot in allen sieben Gelenken technisch umgesetzt. Dadurch kann er wie sein biologisches Vorbild sehr feinfühlige Bewegungen ausführen.
Konkret befinden sich im Schulterbereich des Roboterarmes drei Achsen, in Ellbogen und Unterarm jeweils eine sowie zwei Achsen im Handgelenk. In jeder Achse sitzt ein Schwenkflügel mit jeweils zwei Luftkammern. Diese bilden ein Antriebspaar, das sich durch Befüllen mit komprimierter Luft wie eine mechanische Feder stufenlos einstellen lässt. Durch dieses Antriebskonzept sind das Kraftpotenzial und damit auch der Versteifungsgrad des Roboterarms exakt bestimmbar. Im Falle einer Kollision gibt der pneumatische Arm automatisch nach. Diese systemeigene Nachgiebigkeit und das geringe Eigengewicht erlauben Festo zufolge einen Einsatz ohne Schutzkäfig und machen somit eine unmittelbare und sichere Kollaboration von Mensch und Maschine möglich.
Die Bedienung des BionicCobot kann intuitiv über ein eigens entwickeltes grafisches User Interface erfolgen. Mittels Tablet kann der Anwender die durchzuführenden Aktionen einfach teachen und beliebig aneinander reihen. Über die Open-Source-Plattform ROS (Robot Operating System) gelangen die programmierten Bewegungsabläufe an das integrierte Motion Terminal, das die Steuerung und Regelung der Kinematik übernimmt. Je nach Aufgabenstellung lassen sich an den BionicCobot unterschiedliche Greifer anschließen.