Anfang des Jahres hat Helmut Schmid den Deutschen Robotik Verband mitgegründet. Wir haben nachgehakt, warum es einen neuen Verband braucht und wie der DRV gegen das Vorurteil, Roboterautomatisierung sei teuer und kompliziert, ankämpft.
Sie haben mit dem Deutschen Robotik Verband gegründet. Kann man ihn als eine Alternative zum VDMA-Fachverband Robotik + Automation sowie zum IFR verstehen?
Helmut Schmid: Der Deutsche Robotik Verband ist kein Wettbewerb zu den bestehenden Verbänden, sondern stellt eine Ergänzung beziehungsweise Erweiterung des Angebots dar. In den letzten Jahren ist um Cobots ein komplettes Ökosystem an Start-up-Unternehmen entstanden, die auch ein neues Kundenklientel ansprechen, inklusive Handwerksbetrieben. Genau dieses Klientel möchten wir mit unserem Verband ansprechen– Kleinbetriebe bis 100 Mitarbeiter, die in der Regel in lokalen Netzwerken zu Hause sind. Sprich: Sie besuchen keine großen Messen und Veranstaltungen, sind in keinen großen Verbänden aktiv, sondern pflegen Kontakt zu Unternehmerstammtischen, IHKs und Vereinen. Diesen Unternehmen möchten wir eine Anlaufstelle bieten.
Also ein Cobot-Verband?
Schmid: Wir haben tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, einen Cobot-Verband zu gründen. Aber wir haben uns dann für Deutscher Robotik Verband entschieden, denn ein Kleinunternehmen benötigt nicht zwangsläufig einen Cobot. Es gibt Firmen mit bis zu 30 Mitarbeitern, die viele händische Routinetätigkeiten und High-Speed-Anwendungen haben. Genau dort wäre z.B. ein Industrieroboter im richtigen Einsatz. Oder im Logistikbereich, hier brauche ich beispielsweise einen Roboter auf einem AGV, einer mobilen Plattform. Unternehmen brauchen nicht zwangsläufig einen Cobot, sondern clevere Systeme mit entsprechender Peripherie. Wir sehen uns als Service- oder Informationsplattform.
Wie sieht der Gedanke einer Service-Plattform in der Realität aus?
Schmid: Wir als DRV sind ebenfalls ein Start-up. Das heißt, wir sind in einer sehr ähnlichen Situation wie viele andere Unternehmen auch: Wir müssen uns Gedanken über die Bedürfnisse des Markts machen. Wir möchten KMUs und auch Handwerksbetriebe ansprechen, deren Hauptbedürfnisse sind Service, Information und Austausch. Und das möchten wir bieten. Wir möchten eine Plattform mit unterschiedlichen Fachbereichen bieten: Anwendungstechnik, Förderung, Fortbildung und neue Technologien. In diesen Fachbereichen gibt es passende Ansprechpartner. So kann sich ein KMU gezielt erkundigen, wie es an günstige Fördermittel kommt. Oder eine Hochschule hat Fördergelder im Bereich Ausbildung und möchte die Technologie im Unternehmen testen und umsetzen; wir bringen Universität und KMU zusammen. Wie schon angesprochen, besuchen diese Firmen keine großen Messen, wir möchten ihnen lokale Veranstaltungen bieten, Kamingespräche, Frühstücke, Seminare und Webinare unter seines gleichen. Das verstehen wir als Servicenetzwerk: der Austausch auf Augenhöhe.
Wie kann ich mir das vorstellen, werden Sie kleine lokale Messen veranstalten?
Schmid: Das wäre einer unserer Vorstellungen, dass wir relativ kleine, regionale Veranstaltungen machen. Da würden sich die IHKs als Partner natürlich anbieten. Wir wollen als Plattform offen sein, daher können wir uns durchaus auch vorstellen, mit anderen Verbänden zusammenzuarbeiten; ich denke da vor allem an das Thema Künstliche Intelligenz. Der tatsächliche Austausch Mensch zu Mensch vor Ort ist wichtig und da fehlt das Netzwerk, die Messen, schon gewaltig. Bei aller Digitalisierungseuphorie – ich glaube für unsere Branche ist das Hands-on ganz wichtig. Robotik muss man fühlen, muss man erleben, muss man anfassen.
Endlich wieder ein Produkt in der Hand halten…
Schmid: Genau! Kann ich ein Produkt nicht zeigen, kann ich kaum überzeugen. Ich kann mit Slides und Videos viel transportieren, doch wenn ich jemanden das Werkzeug in die Hand drücke, wenn ich ihn an die Hand nehme, zu einem Roboter führe und ihn selbst machen lasse, ist das etwas ganz anderes.