Um die im Bereich Pharma geltenden Vorschriften einzuhalten, waren beim Verpackungshersteller Sanner sechs Systeme im Einsatz. Eine klare Aufgabenteilung zwischen ERP und MES reduziert die IT-Landschaft auf zwei Systeme.
Die Bensheimer Firma Sanner mit Standorten in den USA, Brasilien, Ungarn und China hat sich auf die Herstellung von Kunststoffverpackungen hauptsächlich für Consumer Care, Pharma und Medizintechnik spezialisiert und unterliegt somit strengen Regularien hinsichtlich GMP (Good Manufacturing Practice), ISO 13485 und FDA (Federal Drug Association).
Heute arbeitet das mittelständische Unternehmen mit einer zweigeteilten IT-Landschaft auf Basis von SAP und dem Management-Execution-System „Guardus MES“, das auch die Echtzeit-Überwachung der rund 90 Produktionsmaschinen sowie die In-Prozess-Qualitätskontrolle am Standort Bensheim übernimmt.
Die Ausgangssituation
Die Komplexität des Projektes wird beim Vergleich mit der Ausgangssituation deutlich: Die IT-Umgebung bestand aus sechs Einzel-Systemen und zahlreichen Excelbasierten Sonderlösungen. Die Software war durchweg veraltet und teilweise nur über rudimentäre Schnittstellen miteinander verbunden. Historisch gewachsene Individual-Programmierungen und Erweiterungen machten das Gesamtsystem zudem starr für Veränderungen. Die Konsequenz: Eine Upgrade-Strategie wurde frühzeitig innerhalb der Projekt-Initialisierungsphase ausgeschlossen. Ebenso war SAP vor dem eigentlichen Projektbeginn als strategisches ERP-System gesetzt. Weiterhin sollte die In-Prozess-Kontrolle (IPC) als organisatorischer Aspekt mit in das Projekt integriert werden. Die Zielsetzung: Die Trennung zwischen Produktion und Qualitätskontrolle aufheben und die Verantwortlichkeit dorthin übertragen, wo sie hingehört – auf die Maschinenbediener.
Es galt, ein System zu finden, das dem Mitarbeiter an der Maschine bei der Abwicklung seiner Arbeit bestmöglich unterstützt und lenkt. Insgesamt wurden drei Systemvarianten in der Initialisierungsphase untersucht.
Umgesetzt wurde die Variante 3 mit SAP R/3 4.7 als ERP und dem MES Guardus für das unmittelbare Produktionsumfeld, das heißt für die Betriebs- und Maschinendatenerfassung (BDE/MDE) sowie das Qualitätsmanagement. Das MES wurde gewählt, da es die notwendigen Schnittstellen zu SAP (IDOC und RFC) unterstützt sowie den Anforderungen hinsichtlich Einfachheit und Funktionalität speziell für den Produktionsbereich sowie das Qualitätsmanagement entspricht. Zudem erfüllt das MES die im Pharma und Kosmetik-Bereich notwendige lückenlose Rückverfolgbarkeit entsprechend der einzuhaltenden Normen und Vorschriften: Jeder Buchungsvorgang und Qualitätsprüfgang bedarf einer Authentifizierung durch den Benutzer, der sich an den Bedienterminals mit einer Chip-Karte authentifizieren muss. Gleichzeitig erhält jede Buchung einen Zeitstempel und wird zusammen mit dem Namen des Bedieners archiviert.
Die Alternative 2 (SAP mit Q-System und getrenntem BDE/MDE) schied auf Grund der Anwendbarkeit im Produktionsbereich aus: Das Qualitätsmanagement in SAP bietet zwar die notwendigen Funktionen, ist aber hinsichtlich Bedienung für den Produktionsbereich zu komplex.
Der Lösungsansatz 1 auf Basis von drei getrennten Systemen (ERP, BDE/MDE und QS) wurde wegen der höheren Anzahl von Schnittstellen verworfen, zumal viele MES-Hersteller die Betriebsdatenerfassung und das Qualitätsmanagement in ihre Systeme integriert haben.