Um die Gefahren der unaufhaltsamen ‚Plattformisierung‘ der produzierenden Industrie auf Seiten der Herstellerunternehmen frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf reagieren zu können, bedarf es einer Kombination aus
Zusätzlich zum letztgenannten Punkt müssen unbedingt die Datenhoheit und der Kundenzugang beim Maschinen- oder Komponentenhersteller verbleiben. In der Umsetzung bedeutet dies, dass die Daten durchaus in einem fremden Rechenzentrum in der Cloud liegen können; jedoch muss der Maschinen- oder Komponentenhersteller auf Ebene der Serviceplattform-Schicht die volle Kontrolle haben.
Die Frage ist jedoch, wie dies bewerkstelligt werden kann, wenn man einerseits davon ausgeht, dass es nicht möglich ist, alles selbst zu machen und daher die Nutzung von Partnern richtig und sinnvoll ist. Andererseits jedoch sollte man sich nicht blind einem dritten Plattformanbieter anvertrauen – insbesondere nicht in Bezug auf die eigenen Daten. Noch dazu ist heute völlig unabsehbar, wie das Rennen um vorherrschende Plattformen in unterschiedlichen Marktsegmenten ausgehen wird.
Grundsätzlich ist es für Unternehmen mit einem klassischen Produkt-/Lösungsgeschäft ratsam, sich in definierten Nischen mit hybriden Leistungsbündeln aus physischen Produkten (etwa einer Maschine) und digitalen smart Services mit innovativen Geschäftsmodellen zu positionieren. Dies ermöglicht eine abgesicherte Marktposition, bei der der Kunde nicht nur seine qualitativ hochwertige Maschine erhält, sondern gleichzeitig digitale Smart Services, die ihm zusätzlichen Nutzen stiften. Gelingt auf diese Art und Weise eine belastbare, geschäftsrelevante Positionierung, kann die eigene digitale Kundenschnittstelle durch eine neu entstehende Plattform nicht so einfach substituiert werden.
Darüber hinaus müssen Kompetenzen zur Analyse der kundenseitigen Nutzungsdaten von Smart Products aufgebaut werden. Dies ermöglicht es, Maschinen- und Anlagenbauern das digitale Wissen über ihre Produkte und insbesondere deren Anwendung beim Kunden zu steigen und den eigenen Vorteil immer weiter auszubauen.
Grundsätzlich ist es jedoch ratsam, die Frage nach dem Disruptionspotenzial der Digitalisierung im eigenen Marktsegment und im Marktsegment der heutigen Kunden wirklich zu durchdringen. Aus der hierdurch gewonnen Erkenntnis lassen sich die wirklichen Chancen und Risiken für das eigene Unternehmen ableiten. Herrscht diesbezüglich Klarheit, muss es das Ziel sein, schnell mit ersten Lösungen an den Markt zu gehen. Denn nicht nur für die meisten Maschinenhersteller ist das Thema relativ neu, sondern auch für ihre Kunden, die sich vielfach erst umorientieren müssen.
Autor:
Dr. Mathias Döbele ist Leiter Maschinen- und Anlagenbau bei Dr. Wieselhuber & Partner.