Zur Hannover Messe 2011 wurde das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 offiziell ins Leben gerufen. Der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0 traf sich nun zu einem Spitzendialog und entwarf ein zwölf Punkte umfassendes Kommuniqué der noch anstehenden Arbeiten.
Im Diskussions-Panel erfolgte zunächst eine kritische Bestandsaufnahme zum Status Quo Deutschlands als Leitanbieter von Industrie 4.0. Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 ist 2010 aus der Forschungsunion zur Begleitung der Hightech-Strategie der Bundesregierung hervorgegangen. Motivation des nun abgehaltenen Spitzendialogs: Angesichts einer stärker werdenden globalen Konkurrenz müssten dringend weitere Schritte unternommen werden, um die Umsetzung von Industrie 4.0 voranzutreiben. Die Panelisten diskutierten und formulierten 12 Impulse, die ihrer Meinung nach maßgeblich für den Erfolg von Industrie 4.0 sind.
Länder wie die USA, China, Japan und Korea investieren stark in Schlüsseltechnologien und setzen die globale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen und des deutschen Innovationssystems unter Druck. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands muss daher weiter ausgebaut werden, damit Deutschland Leitanbieter für den Export von Industrie 4.0-Lösungen wird und die effiziente Produktion physischer Güter höchster Qualität ein Rückgrat unserer Volkswirtschaft bleibt. Hierdurch können langfristig Arbeitsplätze gesichert und eine Grundlage für die zukunftsträchtige Arbeitsmarktgestal- tung geschaffen werden.
Die Potenziale von Industrie 4.0 sind noch lange nicht ausgereizt und Industrie 4.0 ist noch nicht in allen Unternehmen und Branchen umgesetzt. Daher muss Industrie 4.0 auch von der zukünftigen Bundesregierung engagiert weiterverfolgt und entsprechende Forschungs- und Umsetzungsinitiativen in der Koalitionsvereinbarung für die 20. Legislaturperiode verankert werden.
Im Zuge von Industrie 4.0 verändert sich auch die industrielle Arbeitswelt grundlegend. Es entstehen fortlaufend neue Kollaborationsmöglichkeiten zwischen Mensch und Maschinen. Durch den menschenzentrierten Ansatz von Industrie 4.0 wird gute industrielle Arbeit gesichert und nachhaltig gestaltet – in der Gegenwart und Zukunft.
Ressourcen- und Energieeffizienz war von Anfang an ein zentrales Ziel von Industrie 4.0. Industrie 4.0 hat das Potenzial, eine ressourceneffiziente und klimafreundliche Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.
Unsere technologische Souveränität wird durch Industrie 4.0 wesentlich gestärkt. Voraussetzung dafür ist auch eine angemessene IT-Security.
Industrie 4.0 führt zu neuen, primär datengetriebenen und plattformbasierten Geschäftsmodellen. Daten werden demnach zum Wirtschaftsgut. Kurzfristig bietet die „Industrielle Künstliche Intelligenz“ als ein auf Deutschlands Stärken aufbauendes Zukunftsfeld enorme Chancen.
Wertschöpfungsnetzwerke werden durch Industrie 4.0 zu dynamischen Ökosystemen mit globalen Unternehmern, Mittelstand und Start-ups weiterentwickelt. Voraussetzung ist dabei ein internationaler Datenraum für Industrie 4.0-Anwendungen.
Die Kompatibilität und Interoperabilität von Industrie 4.0 Lösungen muss erreicht werden. Die internationale Normung und Zertifizierung bieten dazu ein strategisches Instrumentarium. Hierbei ist eine proaktive Mitgestaltung von internationalen Normierungs- und Zertifizierungsprozessen von großer Bedeutung.
Industrie 4.0 stellt ein Rückgrat für Innovationen zu Integrationsthemen (wie z.B. Künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0) sowie Anwendungsthemen (wie z.B. nachhaltige CO2-neutrale Produktion durch Industrie 4.0) dar. Solche Innovationsrichtungen sind auszubauen.
Die vorwettbewerbliche Förderung durch Transfer- und Forschungsverbundprogramme sowie die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften für Industrie 4.0 muss über entsprechende Programme und Initiativen erweitert werden.
Die synergetische Kooperation zwischen Wissenschaft, Gewerkschaft, Politik und Wirtschaft einschließlich der Verbände BDI, BITKOM, VDMA und ZVEI hat mit der Plattform Industrie 4.0 ein herausragendes Ökosystem ermöglicht. Diese Form der Zusammenarbeit muss weiter gestärkt und gefördert werden.
Industrie 4.0 ist international anerkannter Maßstab und Marke für die Digitalisierung in der Industrie, mit zahlreichen Umsetzungserfolgen. Der Stellenwert von Industrie 4.0 muss vor diesem Hintergrund weiter gestärkt werden, damit die vierte industrielle Revolution von Deutschland ausgehend weltweit erfolgreich umgesetzt wird.
Der Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0, der aus dem Wissenschaftlichen Beirat Industrie 4.0 aus dem Jahre 2013 hervorgeht, konstituierte sich 2018 in seiner aktuellen Zusammensetzung neu. Im Forschungsbeirat sind 19 Vertreter aus der Wissenschaft und 13 Repräsentanten aus der Wirtschaft tätig, um die Plattform Industrie 4.0, ihre Arbeitsgruppen und die Bundesministerien, insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), unabhängig zu beraten. Die Arbeit des Forschungsbeirats zielt darauf ab, über die Erarbeitung von wissenschaftsbasierten Forschungsempfehlungen, die Weiterentwicklung und Umsetzungsplanung von Industrie 4.0 in der deutschen Wirtschaft voranzutreiben. Der Forschungsbeirat versteht sich als Impulsgeber für künftige Forschungsthemen und Berater zur Umsetzung von Industrie 4.0. Die Arbeit des Forschungsbeirats wird durch acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften koordiniert und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Im nächsten Jahr lädt der Forschungsbeirat der Industrie 4.0 zu einem Spitzengespräch mit der Politik ein, um die Diskussion und den Austausch fortzuführen.