Die Regalbediengeräte eines Hochregallagers wurden mit Energiespeichern ausgestattet, die Bremsenergie wiederverwenden und Lastspitzen reduzieren. Diese Lösung entstand durch die Kooperation zwischen dem Anlagenbauer Lödige Industries und dem Antriebsautomatisierer SEW-Eurodrive.
Einer der führenden deutschen Premium-Automobilbauer setzt bei seinem neuen SUV-Modell mit Elektroantrieb bereits bei der Fertigung auf Energieeffizienz. Das Fertigungswerk in Mitteldeutschland zählt zu den modernsten Produktionsanlagen der Automobilbranche: Effiziente elektrische Antriebe bilden einen wichtigen Aspekt bei der Fertigung. In der Ausschreibung für die Fördertechnik wurden hohe Energieeinsparungsziele formuliert. Allein im neuen Hochregallager können – im Vergleich zu den bisherigen Installationen – durch den Energiespeicher und der damit verbundenen Rekuperation mindestens 47 Prozent Energie eingespart werden.
Ein neues Karossenhaus mit Hochregallager dient der Integration des E-Modells in die bereits bestehende, übergeordnete Fördertechnik des Werks. In Silobauweise konzipiert, soll es die verschiedenen Gewerke gleichzeitig verbinden und entkoppeln. Dadurch ermöglicht es die Stabilisierung und Integration unterschiedlicher Soll- und Planungsreihenfolgen.
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Lödige Industries mit Sitz in Warburg, Nordrhein-Westfalen, war als Generalunternehmer für Hallenbau und -ausstattung sowie die sonstige technische Gebäudeausstattung zuständig. Das Unternehmen lieferte neben horizontaler Anschlussfördertechnik vier Regalbediengeräte (RBG) zur Ein- und Auslagerung von lackierten und Rohkarosserien. Diese RBG bilden ein zentrales Element im neuen Hochregallager mit mehr als 570 Lagerplätzen. Über sieben Ebenen führen die RBG Hub- und Fahrbewegungen gleichzeitig aus. Bei einer Nutzlast bis 1,5 Tonnen und Geschwindigkeiten bis 3,5 m/s entsteht beim Bremsvorgang nicht unerhebliche generatorische Energie.
In vielen Anlagen wird die Bremsenergie von Regalbediengeräten in Wärme umgewandelt. Bei den verbauten RBG arbeitete der Spezialist für Materialflusslösungen schon in der Ausschreibungsphase gemeinsam mit SEW-Eurodrive an einem Konzept. So integrierte Lödige Industries Komponenten aus dem Automatisierungsbaukasten Movi-C von SEW-Eurodrive in die Fördertechnik. Alle im Regalbediengerät verbauten Antriebe erfüllen den aktuellen Stand der Technik mit Energieeffizienzklasse IE3. Sie werden durch Frequenzumrichter des Typs Movidrive modular gespeist. Die Frequenzumrichter teilen sich einen gemeinsamen Zwischenkreis und sind an ein Versorgungsmodul MDP92A angereiht, was eine platzsparende Installation ermöglicht. Das Versorgungsmodul MDP92A stellt das Bindeglied zum extern positionierten Energiespeicher dar. Acht Supercaps (Doppelschicht-Kondensatormodule) im Speicherschrank nehmen die generatorische Energie auf und speichern diese zwischen. Bis knapp 2.000 kWs sind möglich; Sie senken so den Energiebedarf des Regalbediengeräts um mindestens 25 Prozent.
Die neuen Energiespeicher verhindern aber nicht nur den Verlust der bei Bremsvorgängen entstehenden Energie, sondern gleichen auch Spitzenlasten aus. Denn neben der bezogenen Energiemenge ist in Industrieunternehmen auch die höchste jährliche Lastspitze für die Berechnung der Stromkosten relevant. Sie zu senken ist also nicht nur aus ökologischen Gründen sinnvoll. Am Standort wird aufgrund des Energiespeichers eine Reduzierung der Spitzenlast um mindestens 87 % erwartet.
Weil der DC-Zwischenkreis mit Supercaps hoher Leistungsdichte die Spitzenlasten ausgleicht, lässt sich die Größe der Einspeisung auf circa ein Fünftel des sonst üblichen Wertes reduzieren. Trotz dieser deutlich geringeren Anschlussleistung von 25 kW können die Antriebe mit einer Gesamtleistung von 156 kW durch das Softwaremodul ‚Stacker Crane‘ genauso leistungsfähig betrieben werden wie mit herkömmlicher Technik. Das Softwaremodul optimiert die Fahrzyklen von Hub- und Fahrantrieben und erzielt somit Energieeinsparungen bis zu 25 %.
Die Frequenzumrichter sind netzfreundlich wegen der weitestgehenden Übereinstimmung der Phasenlage zwischen Strom und Spannung. Mit einem Leistungsfaktor von 0,95 wird das Versorgungsnetz nur sehr gering durch Oberwellen belastet. Das Zusammenspiel von Energiespeicher, Antriebsregelung und DC-Zwischenkreis wird durch einen Movi-C Controller UHX65A von SEW-Eurodrive realisiert. Das Energiemanagement übernimmt das Softwaremodul Movikit ‚PowerMode‘. Es erfasst die Leistungs- und Energiedaten und koordiniert den Netzanschluss, den DC-Zwischenkreis und den Energiespeicher.
Chaos-Lagersysteme, bekannt aus dem Onlinehandel, können signifikante Energieeinsparungen mit sich bringen. Im neuen Hochregallager von Lödige Industries werden Rohkarossen und lackierte Karossen bunt gewürfelt eingelagert. Den Lagerplatz geben dabei die Algorithmen der integrierten Steuerungstechnik vor. Analysen im Vorfeld haben gezeigt, dass sich in der Fahrbewegung knapp 5 % und in der Hubbewegung mehr als 25 % Energie einsparen lassen. Hat ein RBG den letzten Fahrauftrag abgeschlossen, muss es keine Energie mehr für die Rückkehr zum Hallenkopf aufwenden, sondern verbleibt energiesparend dort, wo es sich gerade befindet. Dadurch sind weitere bis zu 16 % Energieeinsparungen möglich.
Auch bei der Betriebssicherheit setzt der Automobilhersteller in Zusammenarbeit mit den beiden Zulieferern Maßstäbe. Alle sicherheitstechnischen Einrichtungen sind auf höchstem Niveau. So stattete Lödige Industries seine RBG auf allen Fahrachsen mit sicher reduzierter Geschwindigkeit (SLS – Safe Limited Speed) aus. Denn nur so ist zum Beispiel der Einsatz handge- haltener Kontrollpanele in der Gasse möglich.
Die Autoren: Petra Ernst-Gutierrez
ist Head of Marketing & Communications bei Lödige Industries.
Gunthart Mau ist Referent Fachpresse bei SEW-Eurodrive.