Im Internet der Dinge fungieren Sensoren als Kernbestandteile für Datenaufnahme und -kommunikation. Wie lassen sich diese möglichst drahtlos anbinden und autark versorgen, um Installationen wirtschaftlich zu gestalten?
Physische Objekte, Arbeitsabläufe und virtuelle Dienste sind im IoT miteinander vernetzt. Sensoren helfen bei der Datenaufnahme und -kommunikation, und Funktechnologien wie zum Beispiel LPWAN (Low Power Wide Area Network) oder NB-IoT vernetzen sie miteinander. Da sich die Sensoren oft nicht an ein Energieversorgungsnetz anschließen lassen, erfolgt ihre Versorgung häufig mit Batterien, die wiederum regelmäßig aufgeladen oder ausgewechselt werden müssen. Damit beschränkt sich ihre Nutzung erheblich, verursacht zusätzliche Wartungskosten, verbraucht unnötig viele Ressourcen und erhöht so den CO2-Fußabdruck. Mit Energy Harvesting und LPWAN/NB-IoT aber können viele Anwendungen – wie Condition Monitoring, Verbrauchsdatenerfassung, Tracking in Industrie und Logistik – einen Innovationsschub in Sachen Nachhaltigkeit, mobile Anwendung und Nachrüstbarkeit erhalten.
Tracking in der Logistik, Verbrauchsdatenerfassung und Umweltmonitoring fordern eine durchgängige Sensordatenerfassung mit zeitnaher Datenübermittlung an ein Backend. Dazu stehen eine Vielzahl von Funktechnologien mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen zur Verfügung. Es gilt aber die ‚Qual der Wahl‘, welche Einschränkung der Anwender in Kauf nimmt: Während Technologien wie Bluetooth LE- und Zigbee-Daten sehr energiesparend über kurze Distanzen von einigen Metern übertragen, können LPWAN-Systeme wie mioty oder LoRa mehrere Kilometer abdecken mit einer Vielzahl von Teilnehmern innerhalb ihres Netzes. Da diese LPWAN-Systeme noch nicht flächendeckend weltweit verfügbar sind, ist eine Kommunikation über die Netze der Mobilfunkanbieter mittels NB-IoT oder LTE-M auch für Sensordaten in vielen Regionen sinnvoll. Allerdings verbrauchen NB-IoT oder LTE-M aufgrund des notwendigen Protokolloverhead wesentlich mehr Energie im Vergleich zu anderen LPWAN-Systemen.
Der autarke Betrieb vernetzter Sensorknoten mit Energy Harvesting sowie die weitere Optimierung von Standards und Protokollen hinsichtlich Energieeffizienz sind unter den Schlagworten ‚Ambient IoT‘ und ‚Zero Energy Communication‘ Gegenstand der aktuellen Forschung. Sie fließen auch in die Diskussionen bei IEEE und 3GPP ein. Um einen autarken Betrieb der sensorbasierten Anwendungen zu gewährleisten, müssen Energy Harvesting, Sensorik, Datenverarbeitung und Funksystem optimal aufeinander abgestimmt sein. Für aktuelle Implementierungen empfiehlt es sich daher, die Technologien NB-IoT zur Kommunikation und Energy Harvesting zur autarken Versorgung von Sensorknoten zu betrachten.
Unter ‚5G‘ ist eine Vielzahl von einzelnen Technologien und Vernetzungsstrategien zusammengefasst, die durch 3GPP zum Beispiel in den Releases 15, 16 und 17 standardisiert sind. Sehr hohe Datenraten (eMBB Enhanced Mobile Broadband), die Möglichkeit bis zu 1 Mio. Endgeräte pro km² (mMTC massive Machine Type Communication) anzubinden und eine sehr zuverlässige Kommunikation mit geringer Latenz (URLLC Ultra-Reliable and Low-Latency Communication) zielen ab auf eine Vielzahl von heute noch kabelgebundenen Anwendungen in Industrie, Infrastruktur, Smart Home und im Consumer-Bereich. Zur Vernetzung dient das öffentliche Netz der Mobilfunkanbieter sowie zusätzlich private 5G-Netzwerke, so genannte Campusnetzwerke. Speziell für die Anbindung von Geräten mit geringen Anforderungen an Datenrate und Latenz, wie beispielsweise einfache Sensoren, wurden bereits in Release 13 der Standardisierung die Technologien NB-IoT und LTE-MTC eingeführt und in den folgenden Releases weiterentwickelt.
Damit eine möglichst lange Laufzeit mit batteriebetriebenen Sensorknoten gewährleistet werden kann, müssen die Sensordatenerfassung, die Datenvorverarbeitung und -übertragung im Energieverbrauch optimiert werden. Dies ist hinsichtlich Sensorik und Datenverarbeitung bereits in der Entwicklung beeinflussbar.
Bei der drahtlosen Datenübertragung ist dies allerdings anders: Hier muss auf verfügbare Module, Protokolle und Standards zurückgegriffen werden. Für NB-IoT gibt es Module mehrerer Hersteller, für die jeweils eigene Mechanismen sowie durch Standard und verwendetes Übertragungsprotokoll vorgegebene Methoden zur Energieeinsparung für die Datenübertragung implementiert wurden. Trotzdem zeigen Messungen, dass der Energiebedarf der Funkübertragung signifikant höher sein kann als für die restlichen Betriebsmodi wie Sensordatenerfassung, -verarbeitung, Energiemanagement und Stand-By.
Eine Optimierung der Funkübertragung oder die Verwendung anderer Funklösungen kann sich dabei besonders lohnen. So beinhaltet NB-IoT verschiedene Möglichkeiten zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Parameter wie zum Beispiel der Release Assistance Indicator (RAI Flag), extended Discontinous Reception (DRX/eDRX) und der Power Saving Mode (PSM) können den Energieverbrauch für das User Equipment (UE) deutlich reduzieren. Dagegen sind andere Parameter teilweise von der Basisstation (eNB) vorgegeben und nicht direkt am Sensorknoten beeinflussbar. Das Netzwerk gibt dabei Grenzen für die Parameter von Basisstation und Sensorknoten vor. Über das RAI-Flag wird beispielsweise der Basisstation des UE mitgeteilt, was nach dem Versenden einer Nachricht zu erwarten ist.
Das Flag signalisiert in den Overheaddaten im Uplink an die Basisstation zum Beispiel, dass:
Energy Harvesting bietet die Möglichkeit, aus der direkten Umgebung eines Gerätes vorhandene Energie als elektrische Energie zur Versorgung von Elektronik zu nutzen. Um den dauerhaften autarken Betrieb von Sensorknoten mit der geringen, durch Energy Harvesting (EH) generierbaren elektrischen Energie zu ermöglichen, ist eine Verbrauchsoptimierung unerlässlich. So gelingt es, Batterien während des Einsatzes nachzuladen oder komplett auf sie zu verzichten.Doch welche Energy Harvesting-Technologien bieten sich für eine Nutzung an?
Jeder kennt die am weitesten verbreitete Technologie für Energy Harvesting: Solarzellen, die das Umgebungslicht in elektrische Energie umwandeln. Typische Leistungserträge einer Solarzelle der Fläche 1 cm2 für den Betrieb in Räumen liegen zum Beispiel bei 12 µW/cm2 bei einer Beleuchtungsstärke von 500 Lux , was einer typischen Bürobeleuchtung entspricht. Im Außenbereich können mehrere Milliwatt pro Quadratzentimeter Solarzelle erwartet werden, je nach Beleuchtungsstärke, etwa 2 mW/cm2 bei 50.0000 Lux, was direktem Sonnenlicht entspricht.
Zurzeit sind thermoelektrische Wandler – sogenannte Thermogeneratoren, die Temperaturdifferenzen nutzen, um daraus elektrische Energie zu erzeugen – noch kaum in der Nutzung verbreitet, wenn es gilt, Sensoren energieautark zu machen. Aber sie lassen sich sehr effektiv beispielsweise für Sensoren an Versorgungsrohren nutzen, die auf Grund des fließenden Mediums eine Temperaturdifferenz zur Umgebung aufweisen. Motoren, Maschinen oder Getriebelager, die im Betrieb warm werden, oder auch Kühlaggregate eignen sich für diese Energiegewinnung. Schon eine Temperaturdifferenz von 3 bis 4 Kelvin reicht aus, um über Peltierelemente und geeignete Spannungswandler eine Leistung im Bereich von 100 µW zur Verfügung zu stellen. Dabei ist eine Seite des Generators mit der Temperaturquelle verbunden, zum Beispiel einem Warmwasserrohr.
Eine weitere Möglichkeit zur autarken Energieversorgung von Sensoren sind mechanische Energiewandler, die dazu Vibrationen oder Verformung nutzen. Hier werden Energiewandler aus piezoelektrischen Materialien eingesetzt, die auf eine Verformung mit der Erzeugung elektrischer Ladungen reagieren. Wird eine Spule mit einem dazu beweglich montierten Magneten kombiniert, lassen sich so Vibrationen und Relativbewegungen von Motoren, Pumpen oder Containern in elektrische Leistung wandeln. Die typische Ausbeute liegt zwischen wenigen 100 µW bis zu einigen Milliwatt und skaliert stark mit der genutzten Vibrationsamplitude, Vibrationsfrequenz sowie Größe und Gewicht des eingesetzten Energy Harvesting-Generators.
Eine Schlüsselkomponente für Energy Harvesting ist das Powermanagement in Form von Spannungswandlern und Ladeschaltungen. Sie passen die gewonnenen Spannungen an die Energiespeicher und Verbraucher des Systems an. Die Schaltungen müssen hohe Wirkungsgrade aufweisen, um möglichst viel der gewonnenen Energie nutzbar zu machen. Sie müssen auch bei kleinsten Strömen und Spannungen arbeiten können, um selbst mit minimalen Energiemengen arbeiten zu können. Aktuelle Spannungswandler arbeiten bereits ab 20 mV, um die niedrige Spannungen eines Thermogenerators zu nutzen – perfekt geeignet für den Einsatz bei geringen Temperaturdifferenzen. Andere Wandler können die Amplituden von bis zu 100 V von Piezowandlern bei kleinsten Strömen hoch effizient gleichrichten und abwärts wandeln.
Durch die Versorgung von Funksystemen aus Energy Harvesting-Quellen ergeben sich vielfältige neue Einsatzgebiete und damit Datenquellen für Industrie 4.0-Anwendungen und das Internet der Dinge. Mit immer weiterer Reduzierung der Verlustleistung von mikroelektronischen Schaltungen lassen sich immer mehr Use Cases für Funksensoren mit Energy Harvesting dauerhaft betreiben. Essentiell bei der Umsetzung vollständig autarker Sensorsysteme ist neben dem Powermanagement auch die Systemintegration. Hier gilt es, Energieversorgung, Funk und Sensorik optimal aufeinander abzustimmen und dem Use Case entsprechend zu optimieren, um die gewünschte Performance bei minimaler Baugröße und geringen Kosten zu erreichen. Im Vergleich zu anderen LPWAN-Systemen erfordert NB-IoT wesentlich mehr Energiebedarf. Eine Versorgung aus Energy Harvesting-Quellen ist daher weitaus schwieriger umzusetzen, und bleibt auch weiterhin Gegenstand aktueller Forschungsaktivitäten.
In diesem Zusammenhang wird unter den Schlagworten ‚Zero Energy Communications‘ oder ‚Ambient IoT‘ aktuell die Versorgung von IoT Devices aus Energy Harvesting-Quellen auch in der Standardisierung bei beispielsweise 3GPP und IEEE mit Hinblick auf Protokoll-Optimierungen betrachtet. Dabei wird auch die Versorgung aus Funkfeldenergie mittels Radio Frequency-Energy Harvesting, ähnlich wie bei RFID Transpondern, diskutiert.
Unabhängig vom Use Case ist auch die Auswahl des Funksystems und dessen Parametrisierung entscheidend für den Energieverbrauch des Gesamtsystems. Bei einem autarken Betrieb aus Energy Harvesting-Quellen ist dies ausschlaggebend für die zuverlässige Funktion des Systems. Dafür müssen Vor- und Nachteile der Datenvorverarbeitung direkt am Knoten sowie die ereignisabhängige Reduzierung der zu übertragenden Datenmenge betrachtet und das Gesamtsystem hinsichtlich der Energieoptimierung aufeinander abgestimmt werden.
Am Fraunhofer IIS sind energieautarke IoT-Systeme mit Energy Harvesting und effizienter Funkkommunikation aktuelle Forschungsthemen und Gegenstand von öffentlichen Projekten sowie Machbarkeitsstudien und Entwicklungen für Partner. Bereits umgesetzt wurden Use Cases zum Umweltmonitoring und der Verbrauchsdatenerfassung mit Solar-, Vibrations- und Thermo-Harvesting.