Nachgehakt bei Peter Keppler

Quo vadis Bildverarbeitung?

25. Januar 2018, 1:00 Uhr | Inka Krischke
Peter Keppler von Stemmer Imaging
Die herstellerunabhängige ­Beratung bei der Auslegung ist das A und O.
© Stemmer Imaging

Die beiden Automatisierungsanbieter B&R und Beckhoff integrieren Machine Vision direkt in ihre Steuerungsarchitekturen. Was bedeutet das für reine Bildverarbeitungsanbieter? Peter Keppler, Director of Corporate Sales bei Stemmer Imaging, bezieht Stellung.

Stehen Bildverarbeitungs-Anbietern schwere Zeiten bevor?
Keppler: Für die Umsetzung von Indus­trie 4.0 und die digitale Transformation ist die Bildverarbeitung eine entscheidende Schlüsseltechnologie. Gerade auch die Implementierung des OPC-UA-Standards führt die Bildverarbeitung und die Automatisierungstechnik noch näher zusammen. Insofern ist es nur ein logischer Schritt, dass sich auch Automatisierungsanbieter tiefer mit der Bildverarbeitung beschäftigen. Schwere Zeiten stehen Spezialisten für die Bildverarbeitung damit keineswegs bevor. Im Gegenteil – es wird in Zukunft noch wichtiger, dass Anwender sich auf die Beratung durch kompetente Partner für diese Schlüsseltechnologie im Bereich Industrie 4.0 verlassen können. Stemmer Imaging fokussiert sich seit 30 Jahren auf die industrielle Bildverarbeitung und hat die Entwicklung der Branche entscheidend mitgestaltet.

Wo sehen Sie Grenzen für komplett integrierte Systeme? 
Keppler: Diese Fragestellung gibt es seit der Einführung der ersten intelligenten Kameras. Damals konnte aber noch sehr klar zwischen frei programmierbaren, leistungsfähigen PC-Multikamera-Systemen und parametrierbaren, kompakten Smart-Kameras unterschieden werden. Doch gerade die Möglichkeiten der aktuellen Embedded-Architekturen auf Basis von ARM-Plattformen und Linux-OS lassen die Grenzen zunehmend verschwimmen. Heutzutage ist es daher nicht mehr zielführend, über theoretische Grenzen einzelner Systeme zu sprechen. Viel wichtiger ist vielmehr, dass die Applikation des Kunden bei der Systemauslegung im Mittelpunkt steht. Hier ist die Flexibilität der Anbieter gefragt, die beste Kombination für den Kunden zu finden.

Bislang war Bildverarbeitung eher etwas für Spezialisten und Experten. Mit ‚Embedded Vision‘ weichen auch hier die Grenzen auf – künftige Vision-Systeme sollen so einfach gestaltet sein, dass auch Vision-Laien sie bedienen können. Wo positionieren Sie sich in diesem Umfeld?
Keppler:
Für einfachste Anwendungen lassen sich diese Vision-Sensoren natürlich so gestalten, dass sie von ‚Vision-Laien‘ bedient werden können. Es sind aber nicht alle Aufgaben so einfach lösbar – und ich halte es auch nicht für zielführend, eine Zukunftstechnologie nur auf diesen einzelnen Aspekt herunterzubrechen. Meines Erachtens ist es viel wichtiger, dass einerseits die Bedienbarkeit der Systeme genau auf den Zielanwender zugeschnitten ist, und dass andererseits die Anwender auf Bildverarbeitung allgemein und die Systeme spezifisch geschult werden. Egal von welcher Seite man sich der Bildverarbeitung nähern möchte: Die herstellerunabhängige Beratung bei der Auslegung bleibt auch in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg.

Inwiefern werden die Themen ‚Machine Learning‘ und künstliche Intelligenz die industrielle Bildverarbeitung beeinflussen?
Keppler:
‚Machine Learning‘ wird bereits seit vielen Jahren in der industriellen Bildverarbeitung mit großem Erfolg für verschiedenste Aufgaben eingesetzt. Es handelt sich also um eine bewährte Technologie mit Tausenden erfolgreichen Installationen im industriellen Umfeld. Die digitale Transformation führt aktuell zu einer dramatischen Erweiterung des Einsatzfeldes für die Bildverarbeitung in ganz neue Märkte. Hier können beispielhaft die Agrar- und Lebensmittelindustrie, die Sicherheits- und Verkehrstechnik – etwa ‚autonomous driving‘ – und zahlreiche andere Applikationen im nicht-industriellen Umfeld – zum Beispiel ‚digital signage‘ – genannt werden, bei denen es vielfach um die sichere Erkennung und Klassifikation von Objekten mit hoher Variablilität geht. Während die klassischen Algorithmen der Bildverarbeitung bei diesen Aufgaben schnell an ihre technologischen Grenzen stoßen, bieten ‚Machine Learning‘ und im nächsten Schritt die künstliche Intelligenz ausgezeichnete Perspektiven.


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