Der Energiesektor zahlt unterdurchschnittlich

Was deutsche Ingenieure verdienen

9. Dezember 2010, 10:42 Uhr | Von Raimund Gentil, Pape Consulting Group AG

Wonach entscheidet sich, mit welchem Einkommen ein Ingenieur in seinem Berufsleben rechnen kann? Die Personalberatung Pape Consulting hat entscheidende Faktoren in einer Studie ermittelt.

Reichen Fachkompetenz, Intelligenz, Ehrgeiz, Fleiß und Einsatzbereitschaft für ein gutes Gehalt aus, oder gibt es daneben weitere entscheidende Faktoren? Die Pape Consulting Group hat deutsche Ingenieursgehälter untersucht und dabei besonderes Gewicht auf den Vergleich zwischen Berufseinsteigern (bis 5 Jahre Berufserfahrung) einerseits, und sogenannten »alten Hasen« (> 10 Jahre Berufserfahrung) andererseits gelegt. Ausgewertet wurden mehrere 1000 Datensätze aus der eigenen Datenbank, zusätzlich wurden ca. 500 Ingenieuren mit relativ geringer (im Schnitt < 5 Jahre) Berufserfahrung befragt.

Elektrotechnik, Informatik und Maschinenbau sind Top

Nicht ganz so überraschend ist die Erkenntnis, dass in beiden Gruppen Ingenieure mit Abschlüssen in den Fächern Elektrotechnik, Informatik, Physik und Maschinenbau auf den vorderen Rängen lagen, auch wenn die Reihenfolge in beiden Gruppen doch voneinander abweicht. Interessant dabei ist auch die Tatsache, dass Elektrotechnikingenieure zwar bessere Einstiegsgehälter beziehen, sich in der Informatik und im Maschinenbau aber offensichtlich bessere gehaltliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten.

Alle Gehaltsangaben in Euro (Mittelwerte)

 Berufsanfänger       Erfahrene     Ingenieure

Informatik                50400          107.300

Maschinenbau          48700          92.120

Elektrotechnik          53100          92.670

Physik                       -                  94.070

Ingenieure mit Diplom von Technischen Universitäten liegen vorn

Erwartungsgemäß liegen die Ingenieure mit Abschlüssen von technischen Universitäten vor FH-Ingenieuren.  Promovierte Ingenieure können sich von beiden Gruppen noch einmal deutlich abheben und erhalten ca. 10 Prozent mehr, insbesondere bei den Berufsanfängern. Erstaunlich ist die Tatsache,  dass Absolventen der wissenschaftlichen Universitäten sich nach einigen Jahren kaum noch von den  FH-Ingenieuren absetzen können. Hier gilt also: wenn ein Ingenieursstudium, dann bitte an einer TU!

 

                                                        Berufsanfänger       Erfahrene Ingenieure

(Technische) Fachhochschulen        49.700                     87.000

TU                                                    54.000                     95.800

Universität                                                                       87.400

 

Tops und Flops nach Branchen

Bei den Ingenieuren mit relativ geringer Berufserfahrung wurden die besten Gehälter in den Branchen Medizintechnik, Automobil, und Elektrotechnik/Elektronik erzielt. Am schlechtesten  kamen Ingenieure im Maschinenbau, der Automatisierung und im Projektgeschäft (Leiharbeit!) weg. Bei den erfahrenen Ingenieuren liegen die Branchen Informatik, Maschinenbau, und Automotive vorne (holen also im Lauf der Zeit deutlich auf), während Elektrotechnik,  Automatisierung, Energie und Chemie/Werkstoffe sich weniger entwickeln und die hinteren Ränge belegen.

 

Berufsanfänger

1. Medizintechnik             61.530

2. Automobil                     56.100

3. Elektronik, E-Technik    52.330

...

Maschinenbau                  43.556

Automatisierung               43.140

Beratung, Projekting.       42.667

In vielen Branchen ist die Streuung hierbei sehr hoch, und immer wieder werden von Studienabgängern Verträge mit Jahresgehältern von 25.000 oder 28.000 EUR akzeptiert.

 

Erfahrene Ingenieure

1. Informatik                             102.750

2. Maschinenbau                       98.720

3. Automobil, Luft- Raumfahrt    98.640

...

Automatisierung, Elektro            88.860

Energie                                       87.540

Chemie,Werkstoffe                    74.375

 

Ingenieure im Vertrieb/Marketing und Produktionsleitung verdienen besser als Entwickler

 Betrachtet man die Ingenieursgehälter nach der funktionalen Zuordnung im Unternehmen, so können sich Ingenieure in der Fertigungsleitung und im Marketing/Vertrieb im Schnitt etwas besser stellen als die Kollegen in der Technik, insbesondere in der Entwicklung.

Marketing, Vertrieb:                  97.410

EDV/Software/Hardware:          93.500

Entwicklung/Applikation            85.419

Berater:                                    83.300

 

Starke Unterschiede nach Betriebsgröße und Region

 Zwei Einflussfaktoren auf die Gehälter, die bei der Gruppe der Jung-Ingenieure noch abgefragt wurden, sollten noch erwähnt werden, nämlich die Betriebsgröße und die Region , in der der Arbeitgeber angesiedelt ist.

Durchschnittsgehälter nach deutschen Regionen:

Region                  Jung-Ingenieure     Erfahrene

Ost                       39.460                  76.640

Nord                     48.000                  87.420

Mitte/West            48.340                  93.240

Süd                       52.850                  98.410

 

Ein Ingenieur im Süden der Republik verdient damit ca. 30 Prozent mehr, als einer, der in den neuen Bundesländern arbeitet. Es gibt also durchaus Argumente, nach Studienabschluss, oder nach einigen Berufsjahren, einen Umzug in ein anderes Bundesland in Erwägung zu ziehen. Allerdings darf dabei auch das unterschiedliche Niveau der Lebenshaltungskosten nicht vergessen werden. Umgekehrt müssen Unternehmen in den betroffenen Regionen mit niedrigerem Gehaltsniveau wohl nachlegen, wenn sie langfristig Fachkräfte binden wollen. Es zeigt sich auch ein linearer Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Gehalt, wobei diese Differenzierung leider nur für die Gruppe der Jung-Ingenieure verfügbar ist:

Bis 100 MA:           43.900

101 – 500 MA:       45.480

501-2000 MA:        49.230

2001-1000 MA:      57.910

>10000 MA:            59.422

Die Unterschiede sind hier nicht weniger gravierend als in der regionalen Unterscheidung. Die Frage, ob sich ein Ingenieur in einem stark strukturierten und hierarchisch durchgegliederten Betrieb von 10.000 Mitarbeitern besser entfalten und seine Ideen durchsetzen kann, als in einem mittelständischen Unternehmen mit viel Gestaltungsspielraum, bleibt dabei aber unbeantwortet.

 

Welche grundlegenden Schlussfolgerungen lassen sich aus den erhobenen Daten ziehen?

1. Im Maschinenbau gibt es trotz niedrigerer Einstiegsgehälter gute Gehaltsperspektiven.

2. Der Energiesektor zahlt insgesamt unterdurchschnittlich. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass viele Solarenergieunternehmen im Osten angesiedelt sind, der außerdem regional benachteiligt ist.

3. Firmengröße und Region des zukünftigen Arbeitgebers sind wichtige

Differenzierungsfaktoren und sollten bei der Auswahl der Arbeitsstelle auf jeden Fall mit in Erwägung gezogen werden.

4. In der Entwicklung verdienen Ingenieure vergleichsweise schlecht. (Werden da zu viele kluge und innovative Köpfe aus Gründen kurzfristiger Umsatzerwägungen aus der Entwicklung in den Verkauf geholt?)

5. Die Wahl der Ausbildungsstätte spielt weiterhin eine wichtige Rolle.