Der Weiterbildungsmarkt präsentiert sich gespalten. Allenfalls »leisen Optimismus« verspüren die Anbieter von Trainings und Seminaren. Von alten Rekorden sieht sich die Branche noch weit entfernt. Vom Konjunkturpaket für die Weiterbildung von Kurzarbeitern profitieren nur wenige zertifizierte Anbieter. Viele Kunden fuhren das Budget bis auf 0 zurück.
Jedes Jahr untersucht der Wuppertaler Kreis e.V., ein Verband von führenden Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft, die Geschäftslage seiner Mitglieder. Im laufenden Jahr, so berichten die Institute, sei die Entwicklung »stabil bis leicht positiv«. 2009 erzielten die Mitgliedsinstitute gemeinsam einen Umsatz von über 1,2 Milliarden Euro und bezahlten davon mehr als 11.000 fest angestellte und fast 40.000 freie Trainer und Dozenten für mehr als 1,1 Millionen Teilnehmer.
Doch der Druck auf die Anbieter wächst, neue Formate und Lernformen zu entwickeln. Denn das klassische externe 2-Tagesseminar im schicken Hotel war den Kunden schon vor der Krise zu teuer, nun, im Aufschwung, möchten sie ihre Mitarbeiter erst recht nur so kurz wie möglich vom Arbeitsplatz fort lassen. Inhouse-Coachings, so knapp, günstig und individuell wie möglich, laufen deswegen am besten. Offene Seminare und Konferenzen werden zunehmend durch arbeitsplatznahe Angebote ergänzt, wie maßgeschneiderte Trainings für Einzelpersonen und Teams. Ein Trend, den Jürgen Graf bestätigen kann. Er ist Autor von »Weiterbildungsszene Deutschland 2010« und untersucht für den Verlag ManagerSeminare jährlich den deutschen Weiterbildungsmarkt. Manche Manager genehmigen Weiterbildung sogar erst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Auf Zuruf und quasi improvisiert ist es dann oft schon fast zu spät: »Das geht soweit, dass nicht gezielte Förderung, sondern vielmehr latente Überforderung zum Anlass von Weiterbildungsmaßnahmen genommen wird.«, berichtet er.
Profitieren die Anbieter von technischer Weiterbildung bereits von der überraschend schnellen und starken Erholung der Elektronikindustrie? Noch nicht, fragt man Eugen Krassin, Geschäftsführer des auf programmierbare Logik spezialisierten Unternehmens PLC2. »Bisher spüren wir noch keine Auswirkungen, da unserer Erfahrung nach sowohl die Erholung der Wirtschaftslage als auch deren Schwäche sich mit ca. sechs Monaten Verzug auf den Umsatz auswirken.« PLC2 hat wie die meisten anderen auch einen deutlichen Rückgang der Buchungszahlen zu verzeichnen. Krassin: »Es wird jetzt preislich mehr verhandelt, hin zu moderaten Preisnachlässen. Auch wird gelegentlich nach einer möglichen Subventionierbarkeit durch die Bundesagentur für Arbeit gefragt. Was uns hilft, ist die Kombination aus Schulung und Projektarbeit vor Ort.« Seminare zu Produkt- oder Toolneuheiten des Herstellers Xilinx laufen derzeit besonders gut. Krassin weiß warum: »Die Grundlagenschulungen sind traditionell etwas unabhängiger von der Wirtschaftslage als Spezialschulungen.«
Trainingsanbieter Peter Riekert hat sich auf IC-Technologie rund um Altera spezialisiert. »Offene mehrtägige Schulungen sind von Interessenten scheinbar nach wie vor schwierig bei der Firmenleitung durchzusetzen«, beobachtet er. Die Nachfrage sei zwar gestiegen, aber noch lange nicht auf dem alten Niveau. Schulungen dagegen, die nur einen Tag dauern und durch eine erhöhte Teilnehmerzahl im unteren Preissegment angeboten werden können, »waren im zweiten Quartal dieses Jahres der absolute Renner«, erzählt Riekert. Konstant gut liefen auch Inhouse-Trainings, »die Wissenslücken in den Entwicklungsabteilungen sind ja nicht kleiner geworden!« Allerdings musste bei den Budgets mancherorts getrickst werden: »Im Unterschied zu vor der Krise muss nun ein Training auch mal als Consulting deklariert werden«, weiß Riekert.
Seine Beobachtungen decken sich mit der Umfrage des Wuppertaler Kreises. »Hammerpreise« und »einzigartige, exklusive« Angebote warten auf buchende Kunden, auch zu ungewöhnlichen Zeiten, wie der Verband berichtet: Die Trainer sind zunehmend auch am Wochenende und außerhalb der üblichen Arbeitszeiten in Bereitschaft, »um der Forderung nach kürzerer Abwesenheit der Mitarbeiter vom Arbeitsplatz entgegenzukommen«. Es wird gedreht und abgespeckt, wo immer es geht.
Experten wie Peter Riekert warnen jedoch vor, an der Weiterbildung zu sparen. Riekert: »Der Verzicht auf Fortbildung kostet die Firmen mehr Zeit und Geld als jede Schulung. Auf die immer schnellere Weiterentwicklung im Elektronik-Sektor muss durch eine erhöhte Weiterbildungsbereitschaft in den Firmen reagiert werden.«