Unternehmen haben mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen: Lieferprobleme, steigende Energiepreise und den Fachkräftemangel. Doch wie gewinnt man neue Mitarbeiter in Krisenzeiten? Rayk Hahne gibt Tipps.
Die wenigsten Unternehmer schauen jetzt noch weg. Steigende Rohstoffpreise, dramatische Lieferengpässe und der seit Jahren beklagte Fachkräftemangel – die Krise hat den deutschen Mittelstand mittlerweile fest im Griff.
Aber Jammern hilft jetzt genauso wenig wie Vermeidungs- oder Verleumdungstaktiken. Wer als Unternehmen auch in Krisenzeiten kompetente Mitarbeiter finden und halten will, muss jetzt umdenken.
Der Fachkräftemangel in Deutschland ist keine Momentaufnahme. Immer mehr junge Erwachsene entscheiden sich in der Hoffnung auf bessere Karrierechancen nach der Schule für ein Studium.
Besonders die oft schlechter bezahlten Handwerks- und Pflegeberufe schneiden bei der Wahl des zukünftigen Karrierewegs schlecht ab, da der Wunsch nach Erfüllung im Job, Ortsunabhängigkeit und finanzieller Freiheit für junge Arbeitssuchende einen höheren Stellenwert hat, als Motive der Sicherheit oder des gesellschaftlichen Statuses. Hinzu kommen die neuen Einflüsse aus den Sozialen Medien, welche Onlineberufe als »Make Money Opportunities« und somit als attraktive Alternative zu herkömmlichen Jobmöglichkeiten präsentieren.
Während der Markt also vom Angebot an Online Coaches, Marketing Agenturen und digitalen Dienstleistungen in den letzten Jahren nur so überschwemmt wurde, machen sich ausgebildete Fachkräfte rar.
Aber auch diejenigen Unternehmen, die in den Augen der jungen Bevölkerung zu den attraktiveren Arbeitgebern zählen, können sich ihre Bewerber noch lange nicht aussuchen. Stimmt die Bezahlung nicht oder lässt der Chef keine flexible Arbeit im Homeoffice zu, spielt der Mitarbeiter heute viel schneller mit dem Gedanken an einen Jobwechsel als noch vor einigen Jahren.
Die stetigen Preiserhöhungen in der Lebensmittelbranche, bei den Benzin- und Wohnungspreisen wirken sich unmittelbar auf die finanzielle Situation der deutschen Arbeitnehmer aus und lassen die Ansprüche an den Arbeitsplatz weiter steigen. Wer jetzt als attraktiver Arbeitgeber im Spiel bleiben will, muss sich also einiges überlegen, um seine Mitarbeiter zu halten und neue Bewerber anzuziehen.
Die gute Nachricht: Sie müssen auch in Krisenzeiten nicht hilflos zusehen, wie Ihre besten Mitarbeiter zur Konkurrenz überwechseln. Noch müssen Sie sich mit dem »erstbesten Bewerber« abfinden, wenn Sie die folgenden drei Punkte beherzigen:
Mitarbeitergewinnung hat heutzutage vieles mit Kundengewinnung gemeinsam. Wer die Sprache der Zielgruppe spricht, ist klar im Vorteil. Wer also sogenannte »Digital Natives« (Jahrgang 1990 und jünger) für sein Unternehmen gewinnen möchte, muss sich die Frage stellen, wo diese Zielgruppe den Großteil ihres Alltags verbringt – meistens ist das in den Sozialen Medien.
»Social Recruiting«, also das Schalten von Stellenanzeigen auf Facebook, Instagram & Co., bleibt daher auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Weg zur Mitarbeitergewinnung. Selbst wer kein großes Budget für bezahlte Werbeanzeigen aufbringen kann oder will, sollte die Möglichkeiten von Social Media unbedingt nutzen, um durch organische Online-Reichweite auf sich aufmerksam zu machen. Regelmäßige Verbreitung hochwertiger Inhalte auf Kanälen wie Instagram und LinkedIn erhöhen die Chancen auf neue Bewerber drastisch.
Gerade in den letzten Jahren wurde das Gejammer über den allgegenwärtigen Fachkräftemangel immer größer. Eine Möglichkeit, die viele dabei übersehen, ist es, als Unternehmer selbst zum Ausbilder zu werden.
Richten Sie Ihre Suche nach den richtigen Mitarbeitern statt auf den begrenzten Fachkräftemarkt lieber auf zukünftige Schulabsolventen oder Quereinsteiger und bieten Sie ihnen einen Ausbildungsplatz oder eine Trainee-Position. Die anfänglich investierte Zeit in eine lernwillige Person zahlt sich in den meisten Fällen bereits nach wenigen Monaten aus und erhöht deren Bindung an Ihr Unternehmen.
In Krisenzeiten verschieben sich bei vielen Menschen die Prioritäten und die Grundbedürfnisse werden stärker. Der Wunsch nach Sicherheit übersteigt das Freiheitsbestreben und lässt auch in der Mitarbeitergewinnung neue Werte wichtig werden.
Sagen Sie Ihren aktuellen und zukünftigen Mitarbeitern neben einem fairen Grundgehalt auch anderweitig relevante Unterstützung für die aktuelle Situation zu. Zu begehrten Mitarbeiter-Vorteilen gehören Fitnessstudio-Mitgliedschaften, gesunde Mahlzeiten vor Ort und Flexibilität durch die Möglichkeit der Arbeit aus dem Homeoffice.
Die Übernahme von Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel wird sogar gleich doppelt positiv wahrgenommen, da sie neben der Einsparung von Kosten auch gleich nachhaltige Verkehrswege fördert.
Am Ende bleibt zu betonen, dass die genannten Punkte eine noch größere Wirkung haben, wenn Sie Ihr Team in die Entwicklung eines attraktiven Arbeitsumfeldes mit einbeziehen. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, was sich jeder Einzelne im Team wünscht.
Welche Dinge sind Ihren Mitarbeitern wichtig, welche nicht? Gerade in Krisenzeiten wünschen wir uns Zusammenhalt und Rückhalt durch ein Team. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern diesen Rückhalt zusagen können und ein offenes Ohr behalten, wirkt sich das positiv auf Ihre Arbeitgeberattraktivität aus.
In der Sprache des Sports ausgedrückt: Ihre Mitarbeiter müssen zu Fans werden. Denn Fans reißen andere mit und erzählen ihnen, welchen Club sie unbedingt wählen sollten.
Rayk Hahne ist Unternehmensberater, Autor und Podcaster. Gemeinsam mit seinem Team hilft er Unternehmern dabei, durch klare Prozesse und Strukturen effizienter zu werden und dadurch Zeit und Lebensqualität zurückzugewinnen.