Interview

Digitalisierung – ein Schreckgespenst?

26. Oktober 2020, 15:09 Uhr | Inka Krischke
Digitalisierung – ein Schreckgespenst?
© WAGO

Der Trend, die Effizienz in Unternehmen durch digitale Transformation zu steigern, stoppt auch nicht vor dem Schaltschrankbau. Doch viele Unternehmen zögern bei der Umsetzung. Warum sich dies ändern sollte, erläutert Nicole Kreie, Head of Project Service International bei Wago.

Frau Kreie, warum schrecken mittelständische Schaltschrankbauer oft vor dem vermeintlichen ‚digitalen Schreckgespenst‘ zurück? 

Nicole Kreie: Digitalbegriffe wie Smart Factories, Cloud-Computing, Internet of Things sind für die meisten klein- bis mittelständigen Schaltschrankbauer inhaltlich nicht greifbar und geben dem ‚digitalen Schreckgespenst‘ ein beängstigendes Gesicht. Doch Herausforderungen des Kerngeschäftes wie Fachkräftemangel, schwer planbare Auftragsspitzen und hohes Änderungsaufkommen bei den Kundenanforderungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass zunehmend vernetzte und integrierte Systeme ein Umsetzen von Digitalisierungsstrategien erfordern. Hierfür müssen Zeit und Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden – die in der Praxis jedoch dringend für die Bewältigung des Kerngeschäfts benötigt werden. 
Viele Mitarbeiter befürchten zudem, dass mit zunehmender Digitalisierung das Risiko steigt, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, und reagieren mit Abwehrhaltung. Aber: Der Faktor Mensch ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration digitaler Prozesse und die Implementierung neuer Technologien! Werden die Ängste durch Transparenz beim Implementierungsprozess aufgelöst und die Mitarbeiter mit eingebunden, tragen sie erfahrungsgemäß alle Schritte der digitalen Transformation mit und das ‚digitale Schreckgespenst‘ löst sich in Luft auf. 

Inwiefern betrifft die Digitalisierung den Schaltschrankbau überhaupt? 

Viele Kunden adressieren an ihren Schaltschrankbauer die Erwartung, effizient und zeitsparend zu arbeiten, und übersetzen dies in extrem kurze Lieferzeiten für das fertige Endprodukt. Dies ließe sich nur mit hohem personellen Aufwand realisieren – das Personal steht aber infolge des herrschenden Fachkräftemangels nicht zur Verfügung. An dieser Stelle greift die Digitalisierung ein. Sie bietet über die Implementierung digitaler Prozessschritte die Chance, Zeit einzusparen und unternehmensinterne Abläufe zu optimieren.

»Wer sein Unternehmen ­zukunftsfähig ausrichten ­möchte, muss nicht alles auf ‚neu‘ ­schalten. Vielmehr geht es ­darum, in kleinen Schritten zu agieren und sich Abläufe im ­Detail anzuschauen, um die Stellen zu identifizieren, an d­enen Prozesse durchgängiger gestaltet werden können.«

Wichtig ist die Erkenntnis beim Schaltschrankbauer, dass Digitalisierung keine Arbeitsplätze bedroht, sondern sie verändert und den vorherrschenden Fachkräftemangel ein Stück abmildern kann.  Letztlich braucht der Schaltschrankbauer eine schnell integrierbare Lösung, die ihm einen Mehrwert verschafft, damit er seine Aufträge ohne zusätzliche Experten schneller und effizienter abzuwickeln kann.

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In welchen Bereichen profitieren Schaltschrankbauer konkret von der Digitalisierung?

Digitalisierbare Teilprozesse können zum Beispiel die Nutzung eines softwaregesteuerten Konfigurationstools für die modulare Zusammenstellung und Zeichnung von TS35-Schienen sein oder der bruchfreie Datentransfer des passgenauen digitalen Zwillings von Konfigurationen in die Systeme Eplan, WSCAD, Zuken E3 und andere. 

Was genau bedeutet ‚Digitalisierung‘ für Sie?

Digitalisierung ist für mich ein weitreichender Begriff, der vor allem den Aufbau und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle einschließt. Genau genommen bedeutet es für mich die Optimierung der Prozesskette beziehungsweise der Wertschöpfungskette mit den Möglichkeiten des technologischen Fortschritts. Tragende Säulen hierfür sind die Kreation neuer Technologien und Schnittstellendefinitionen. 

 


  1. Digitalisierung – ein Schreckgespenst?
  2. Der optimale Digitalisierungsprozess

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