Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Doch was genau ist darunter zu verstehen? Welche Aspekte fließen mit ein? Und wie kann Kreislaufwirtschaft gelingen? Isabelle Kuhn, Managerin Automation beim ZVEI gibt Einblicke.
Frau Kuhn, welche Aspekte werden unter dem Schlagwort ‚Nachhaltigkeit‘ zusammengefasst?
Isabell Kuhn: Die Aufmerksamkeit des ZVEI beim Thema Nachhaltigkeit gilt neben den ökologischen auch ökonomischen und sozialen Aspekten. Wir sind daran interessiert einen offenen Dialog mit Stakeholdern aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu führen. Die Schwerpunkte liegen dabei in den Bereichen: Grüne Elektrifizierung, Energieeffizienz, Diversity, Fachkäftemangel sowie soziale Verantwortung, sprich: Berechnung des CO2-Footprint, Lieferketten, Recyclingfähigkeit. Dabei sollen sowohl Themen angegangen werden, in denen die Branche bereits stark ist, als auch Themen, die aktuell noch herausfordernd sind.
Wie genau trägt die deutsche Elektro- und Digitalindustrie zu mehr Nachhaltigkeit bei?
Isabell Kuhn: Die Technologien der Branche tragen wesentlich zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele bei. Die innovative Automationsbranche nimmt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft eine Hauptrolle ein. Viele Geräte, die für die Energiewende eingesetzt werden, basieren auf moderner Automationstechnik: Elektrische Antriebe in Windkraftanlagen, Relais in Solaranlagen, energieeffiziente Pumpen oder moderne Messtechnik in energieintensiven Chemieanlagen. Auch Künstliche Intelligenz sorgt zunehmend für mehr Energie- und Ressourceneffizienz in der Industrie.
Kreislaufwirtschaft steht ganz oben auf der politischen Agenda der EU-Kommission. Wie kann eine solche gelingen?
Isabell Kuhn: Das Bestreben nach einer ‚Circular Economy‘ steht zurecht ganz oben auf der politischen Agenda. Für die anstehende Transformation benötigen wir eine Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie gesellschaftlicher Verantwortung. Die Produkte aus der Elektro- und Digitalindustrie leisten bereits heute in ihrem Anwendungsgebiet einen sehr wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Kreislaufwirtschaft. Insbesondere im B2B-Bereich sind die Produkte langlebig und werden jahrzehntelang genutzt. Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen Circular Economy müssen aber auch die Chancen der Digitalisierung genutzt werden. Ein Beispiel ist der digitale Zwilling, welcher ein digitales Abbild eines Produktes oder Prozesses darstellt.
Möchte ein Unternehmen aus der Elektro- und Digitalindustrie sich dem Thema annehmen und umsetzen, wie genau geht es vor? Gibt es Richtlinien oder eine Checkliste?
Isabell Kuhn: Im ZVEI gibt es spezifische Gremien, vom politischen bis technischen Level, die sich diesem Thema angenommen haben. Die Gremien und Task-Forces widmen sich dabei unter anderen den Themen Sustainable Finance, Berichtspflichten, Diversity und Sorgfaltspflichten und stellen die Ergebnisse beispielsweise in Webinaren mit Expertinnen und Experten vor. Auch gibt der ZVEI zusammen mit dem VDMA seit 2008 einen branchenübergreifenden ‚Code of Conduct‘, kurz: CoC, heraus, der Mitgliedsunternehmen, deren Lieferanten und Interessierten zur Verfügung steht. Der Code of Conduct beschreibt relevante Verhaltensgrundsätze- und standards zu Nachhaltigkeitsanforderungen.
ZVEI auf der SPS 2022: Halle 3, Stand 450