Block Transformatoren-Elektronik

DC auf dem Vormarsch

5. April 2023, 10:12 Uhr | Dr. Dennis Kampen
© Inna/stock.adobe.com

Die Energieinfrastruktur in Deutschland ist auf Wechselspannung ausgelegt. Doch gerade in der Industrie wäre eine Gleichspannungsversorgung von Vorteil. Das vom BMWK geförderte Projekt DC-Industrie setzt sich für DC-Infrastrukturen in Industrieanlagen ein. Ein Überblick.

Block auf der Hannover Messe 2023
Halle 12, Stand E79

1890 traten im sogenannten Stromkrieg George Westinghouse mit AC-Spannung und Thomas Alva Edison mit DC-Spannung gegeneinander an. Damals gewann die Wechselstromtechnik unter anderem wegen der Transformierbarkeit auf höchste Spannungen durch Transformatoren und den damit möglichen großen Übertragungsreichweiten. Edisons Fazit: „Ich bin nicht entmutigt, denn jeder erkannte Irrtum ist ein weiterer Schritt nach vorn.“ Heute kann man sagen, dass Gleichstrom kein Irrtum, sondern einfach technisch zu früh für die Zeit gewesen ist.
Denn im Vergleich zu damaligen Zeit wird heute Energie immer mehr in Form von Gleichspannung generiert, verbraucht und transportiert. Einige Anwendungen sollen hier aufgezeigt werden.

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DC und seine Vorteile

Photovoltaik aber auch Brennstoffzellen generieren direkt Gleichspannung. Windkraft erzeugt über Vollumrichter mit Gleichspannungszwischenkreis erst DC-, dann wieder AC-Spannung. Teilweise wird Energie schon mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) übertragen. Möglich machen dies die technologischen Fortschritte bei den leistungselektronischen Schaltungen und Halbleitern. Hinzu kommt, dass in nahezu allen Verbrauchern derzeit eine Gleichrichtung der Netzspannung stattfindet. Die erzeugte Gleichspannung wird dann direkt genutzt (Schaltnetz-teile, Speicherladung) oder wieder in AC-Spannung umgewandelt, zum Beispiel mit Hilfe von Frequenzumrichtern.

Grundsätzliche Vorteile von Gleich- gegenüber Wechselspannung sind:

  • Gegenüber Wechselstromkabeln und Stromschienen wird 50 Prozent weniger Kupfer benötigt durch den Wegfall von Blindleistung sowie durch die höhere Spannung bei DC (≥ Scheitelwert der AC-Spannung bei gleicher Anforderung an die Isolation). Alternativ können die Übertragungsverluste deutlich reduziert werden. Auch der Installationsaufwand wird erheblich verringert durch den Wegfall von Leitungen.
  • Die Elektronik von Verbrauchern wird kleiner und effizienter, da der interne Netzgleichrichter nicht mehr benötigt wird.
  • Regenerative Energien und Speicher können ihre Energie ohne weitere Wechselspannungskonversion einspeisen.
DC auf dem Vormarsch
DC-Industrie beschreibt ein offenes System zur effizienten Integration erneuerbarer Energien mit reduziertem Energiebedarf für nachhaltige Produktion. Die Schemazeichnung zeigt das Systemkonzept für DC-Industrie2.
© Block

Auch im Hinblick auf die Energiewende ist es deshalb ein notwendiges Ziel, Gleichstrom weiter auszubauen und die Vorteile zu nutzen. Im Forschungsprojekt ‚DC-Industrie2‘ widmen sich 39 Partner aus Industrie und Forschung seit 2019 der Fragestellung, wie industrielle Gleichstromnetze in industriellen Produktionshallen sinnvoll aufgebaut und genutzt werden können. Ziel ist ein umfassendes, herstellerübergreifendes Systemkonzept für industrielle Stromversorgung in der Produktion. Mittlerweile stehen zehn Versuchsanlagen und Transferzentren zur Verfügung, um Anwendern die Einführung von DC-Netzen zu erleichtern. Ein industrielles Gleichstromsystem für eine Produktionshalle bietet zusätzlich Vorteile:

  • Energie kann direkt zwischen Verbrauchern ohne Wandler ausgetauscht werden. Insbesondere Bremsenergie muss nicht mehr über Bremswiderstände verbraucht werden.
  • Photovoltaik vom Firmendach und Speicher können unmittelbar eingebunden und genutzt werden.
  • Das DC-Netz kann bei Ausfall des AC-Netzes autark weiterlaufen, wenn genügend Speicher vorhanden sind.
  • Lastspitzen werden bei Nutzung von Speichern drastisch verringert und Anschlussleistung reduziert. Eine Versuchsanlage von 350 kW Spitzenlast wurde auf 50 kW Anschlussleistung reduziert.
  • Die Leitungsverluste in den Kabeln werden um 40 Prozent reduziert, da nur zwei stromführende Leiter mit geringerem Strom bei DC anstelle von drei stromführenden Leitern mit höherem Strom bei AC eingesetzt werden.
  • Der Einsatz des gleichen Kupferquerschnitts bei DC wie bei AC macht sich innerhalb von Monaten durch Energieeinsparung (≈64 Prozent) bezahlt.
  • Reduktion des Energieverbrauchs um fünf bis acht Prozent in den Versuchs- anlagen.
  • Auch fabrikübergreifend kann mit Bereitstellen gespeicherter Energie die Fluktuation bei Nachfrage und Angebot der Stromerzeugung ausgeglichen werden.

Block Transformatoren-Elektronik engagiert sich im Forschungsprojekt mit einer eigenen Grundlagenforschungsabteilung bei den in einem DC-Netz benötigten DC-Netzteilen für die Hilfsspannungsversorgung. Ein weiter DC-Eingangsspannungsbereich, Robustheit und Zuverlässigkeit stehen im Vordergrund. Weiterhin muss durch Parallelschaltbarkeit oder Redundanzmodule eine Versorgung aus dem AC-Netz ermöglicht werden. Effizienzsteigerung sowie Bauraumreduzierung wurden im Forschungsprojekt durch den Einsatz von Siliziumkarbid-Halbleitern und innovativer Wickelgüter erzielt.

DC auf dem Vormarsch
Der Autor: Dr. Dennis Kampen ist Geschäftsleiter IT, Forschung und Wissensmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik.
© Block

Um der Vielfalt industrieller Anwendungen gerecht zu werden, ist ein umfangreiches und aufeinander abgestimmtes Produktportfolio notwendig. Durch DC-Industrie2 wurde gezeigt, dass Gleichstromnetze sinnvoll sind. Sie lohnen sich insbesondere in Unternehmen, in denen viele Antriebe mit Frequenzumrichtern und regelmäßiger Bremsenergie installiert sowie Photovoltaik und Energiespeicher vorgesehen sind.

Das Projekt DC-Industrie2

Seit Oktober 2019 arbeiten 39 Partner, davon 33 Unternehmen und sechs Forschungseinrichtungen, an der nahtlosen, effizienten Integration von erneuerbaren Energien, zum Beispiel Solarpanels auf Fabrikdächern, und Speichersystemen zum Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage in Fabriken. Im Fokus von DC-Industrie2 steht die Gleichstromversorgung einer ganzen Produktionshalle, nachdem in DC-Industrie bereits seit 2016 die Gleichstromversorgung einer Produktionszelle realisiert wurde. Die DC-Infrastruktur wird in neun Modellanlagen und Transferzentren bei verschiedenen Partnern realisiert und ausgiebig getestet. Die Leistung dieser Anlagen reicht von einigen Kilowatt bis zu zwei Megawatt.

Als direktes Nachfolgeprojekt hat der ZVEI die Open Direct Current Alliance gegründet. Ziel der ODCA ist der weltweite Aufbau eines Gleichstromökosystems und die anwendungsübergreifende Etablierung der Gleichstromtechnik. Für das Projekt konnte der ZVEI zur Gründung 33 Unternehmen aus Industrie, Hochschule und Forschung gewinnen. Die ODCA, eine Arbeitsgemeinschaft des ZVEI, schließt sich lückenlos an das Forschungsprojekt DC-Industrie2 an, welches in diesem Jahr seinen Abschluss findet, und widmet sich vorrangig der Umsetzung der Forschungsergebnisse.

 


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